Sportboote, die mit Mannschaft zum gewerbsmäßigen Transport über See genutzt werden, sind in der Regel Kauffahrteischiffe.
Dies stellte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mit einem Beschluss vom Dezember 2010 klar - mit weitreichenden Folgen.
In der Sache ging es um einen 1982 als Sportboot gebauten Segelschoner von 14,82 Metern Länge. Die Eigentümerin besaß für das Schiff ein vom Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhafen erteiltes Bootszeugnis nach § 5 SeeSpbootBV (Verordnung über die Inbetriebnahme von Sportbooten und Wassermotorrädern sowie deren Vermietung und gewerbsmäßige Nutzung im Küstenbereich). Während der Kieler Woche 2010 stellte die Wasserschutzpolizei fest, dass ein gewerblicher Anbieter von Segelreisen das Schiff gemietet hatte und mit dem Schiff Ausfahrten mit Gästen veranstaltete. Daraufhin wurden das Auslaufen und die Weiterfahrt des Schiffes behördlich untersagt.
Der 1. Senat des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts sah die Voraussetzungen für diese Festhalteverfügung als erfüllt an und führte aus, dass das für die Vermietung eines Sportbootes erteilte Bootszeugnis für die gewerbsmäßige Nutzung des Schiffes nicht ausreiche. Für eine derartige Nutzung sei gemäß §§ 1 Abs. 4, 14 SeeSpbootV eine Prüfbescheinigung gemäß § 9 Abs. 3 i.V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 SchSV (Schiffssicherheitsverordnung) erforderlich.
Hiervon unabhängig könne die Festhalteverfügung auch auf § 5 Abs. 2 SchBesV Schiffbesetzungsverordnung gestützt werden, da das Schiff als Kauffahrteischiff im Sinne von § 1 SchBesV anzusehen sei. Hierzu führte das Gericht aus:
"Der Begriff des Kauffahrteischiffes ist nicht in Rechtsvorschriften definiert. Er stammt aus der älteren Rechtssprache des See- und Seehandelsrechts und bezeichnet ein Seeschiff, das zu unmittelbarem oder mittelbarem Erwerb durch Seefahrt bestimmt ist. Zu den Seeschiffen, die dem Erwerb durch Seefahrt dienen, zählen z.B. solche, die Personen oder Güter gegen Entgelt über See transportieren, auf See Schlepper-, Bugsier- oder Bergungsdienste leisten, der Seefischerei oder dem gewerblichen Lotsendienst dienen (vgl. BFH, Urt. v. 13.2.1992, BFHE 167, 232 m.w.N.). Keine Kauffahrteischiffe sind die Nichterwerbsschiffe, zu denen die Schiffe gehören, die hoheitlichen oder wissenschaftlichen Zwecken oder der seemännischen Ausbildung dienen, schließlich auch die Privatyachten. Die Zweckbestimmung eines Seeschiffes ist nicht nach bloß subjektiven Kriterien festzulegen, sondern in erster Linie nach äußeren, allgemein-gültigen Merkmalen, die nach technischen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten auf eine bestimmte gewerbsmäßige Nutzung schließen lassen (vgl. BFH, Urt. v. 13.2.1992 a.a.O., OVG Hamburg, Beschl. v. 1.10.2009, 1 Bs 129/09, NordÖR 2010, 75 - Tiedverdriew -). Das Schiff C... ist keine Privatyacht. Es wird nicht nur von der Antragstellerin gewerblich vermietet, sondern auch, wie oben ausgeführt, mit gewisser Regelmäßigkeit gewerbsmäßig zur Beförderung von Personen genutzt. Die Werbung für das Schiff wie auch sein äußeres Erscheinungsbild zeigen, dass das Schiff ? soweit in diesem Verfahren ersichtlich ? in erheblichem und nicht nur marginalem Umfang zum Erwerb durch Seefahrt dadurch genutzt wird, dass sowohl die Antragstellerin als auch Mieter damit Seereisen gegen Entgelt und damit zu Erwerbszwecken angeboten und durchgeführt haben."
(Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 1. Senat, Beschluss vom 08.12.2010, 1 Bs 181/10)
Bei Unklarheiten, welche behördlichen Zeugnisse, Erlaubnisse, Genehmigungen etc. für die konkrete Nutzung Ihres Wasserfahrzeuges erforderlich sind, sollten Sie - wie der Fall zeigt - unbedingt die Hilfe eines auf dem Gebiet erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch nehmen.
Autor | Axel Kujawa |
am | 05.12.2011 |