"Geht eine Hafenbarkasse, die neben ein am Liegeplatz festgemachtes anderes Schiff gelegt wurde, ohne äußere Einwirkungen unter, wobei sie das andere Schiff mit hinunter zieht, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dies durch ein schuldhaftes Verhalten des Eigners der Barkasse verursacht wurde.", so das Schifffahrtsgericht Hamburg in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 (33A C 975/01). Gleichwohl wurde die Klage gegen den Eigner der Barkasse vollumfänglich abgewiesen.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Eigner einer Hafenbarkasse, Baujahr 1929, seine Barkasse im Päckchen neben ein anderes Schiff gelegt, ohne dessen Eigner zu befragen. Über Nacht und im Laufe des folgenden Vormittags war die Barkasse durch ein ca. 5 mm großes Loch im Rumpf unterhalb der Wasserlinie vollgelaufen und untergegangen. Dabei hatte sie das Schiff, an dem sie vertäut war, mit hinunter gezogen. Nach den Feststellungen der Wasserschutzpolizei hatte sich das Loch durch Lochfraß neben einem aufgeschweißten Patschen gebildet, wo im Innenbereich der aus Messing bestehende Ansaugkorb der Lenzleitung der Maschinenraumbilge den Rumpf berührt.
Von dem gegen ihn sprechenden Anschein kann sich ein Eigner entlasten, wenn er seinerseits nachweisen kann, dass ihn kein schuldhaftes Verhalten trifft.
So auch im hier zu entscheidenden Fall: Nach der Auffassung des Gerichts trafen den Eigner der Hafenbarkasse aufgrund des hohen Alters des Fahrzeugs zwar erhöhte Überwachungs- und Wartungspflichten. Diesen Pflichten habe der Eigner aber genügt. Zum einen konnte er glaubhaft machen, die Barkasse regelmäßig besichtigt zu haben, zuletzt vier Tage vor dem Untergang. Dass Wasser in der Bilge stand, sei für ein Stahlschiff aufgrund der Kondensation normal, so dass hieraus keine Rückschlüsse auf eine Leckbildung zu ziehen waren. Zum anderen sei die Barkasse auch ausreichend gewartet worden. In der Urteilsbegründung heißt es hierzu: "Bei der letzten Schiffsüberholung in der Werft" ca. ein Jahr vor dem Untergang war das Schiff nachweislich "im Unterwasserbereich gereinigt und entrostet worden. Es sind verschiedene Löcher in der Außenhaut mit Dopplungen (Patschen) dichtgesetzt worden. Weiterhin ist eine Dickenprüfung durchgeführt worden. Aus dem vorgelegten Protokoll hierüber (...) ist ersichtlich, dass diese Messungen im regelmäßigen Abstand gemacht worden sind und nur geringfügige Abweichungen, die keinen Grund zur Besorgnis erkennen lassen, in der Dicke der Außenhaut vorliegen. Die Beklagten haben mit der Überholung und der Dickenmessung alles getan um sich über die Dichtigkeit des Rumpfes zu informieren. Eine weitere Kontrolle war nicht erforderlich und hatte nur im Rahmen der Überwachung des Schiffes die wie bereits festgestellt ordnungsgemäß war zu erfolgen."
Der Eigner der gesunkenen Barkasse war damit dem gegen ihn sprechenden Beweis des ersten Anscheins erfolgreich entgegengetreten. Da ihm somit kein Verschulden zur Last zu legen war und eine Gefährdungshaftung im Schifffahrtsrecht grundsätzlich nicht besteht, hatte er die durch den Untergang des anderen Schiffes entstandenen Schäden nicht zu ersetzen.
Wie auch dieser Fall zeigt, ist die Haftungslage oft eine andere als es zunächst scheint. Bei der Geltendmachung oder Abwehr von Schadensersatzansprüchen aus Unfällen auf dem Wasser empfiehlt sich deshalb immer die Beratung durch einen auf dem Gebiet erfahrenen Rechtsanwalt.
Autor | Axel Kujawa |
am | 22.03.2011 |