Die Unfallflucht bzw. Fahrerflucht im Straßenverkehr ist durch § 142 Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe gestellt und wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstraße bis zu 3 Jahren geahndet. Daneben ist mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB zu rechnen. Der Straftatbestand des § 142 StGB erfasst jedoch ausschließlich Delikte im Straßenverkehr. Eine Unfallflucht außerhalb des Straßenverkehrs, namentlich in der Schifffahrt, ist tatbestandlich nicht erfasst. Auf Unfallfluchten auf dem Wasser ist die Vorschrift deshalb nicht anwendbar.
Gleichwohl treffen auch den Führer eines Wasserfahrzeugs im Falle der Beteiligung an einem Unfall Pflichten, die dem Rechtsgedanken des § 142 StGB entsprechen und die vor allem in den schifffahrtspolizeilichen Regelungen normiert sind:
So muss sich gemäß § 1.16 Abs. 3 Binnenschifffahrtsstraßenordnung (BinSchStrO) "nach einem Schiffsunfall (...) jeder Beteiligte (...) über die Unfallfolgen vergewissern und die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung an dem Unfall zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten (...) ermöglichen. Beteiligt an einem Schiffsunfall ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zum Unfall beigetragen haben kann." Verpflichtet sind demnach also nicht nur Schiffsführer und Rudergänger, sondern im Grunde jeder an Bord, der vor oder während des Unfallgeschehens auch nur einen Tampen in den Händen hielt.
Im Falle der Beschädigung von Wasserstraßen oder Anlagen muss der Vorfall gemäß § 1.14 BinSchStrO unverzüglich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung bzw. der Wasserschutzpolizei mitgeteilt werden.
Regelungen zum Verhalten bei Schiffsunfällen auf Seeschifffahrtsstraßen finden sich unter anderem in § 37 SeeSchifffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO). Neben weitgehenden Informations- und Wartepflichten werden hier von den Beteiligten auch umfangreiche Maßnahmen zur Erhaltung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefordert. Für den Fall des Untergangs eines Wasserfahrzeugs darf der Schiffsführer eines beteiligten schwimmfähig gebliebenen Wasserfahrzeugs die Fahrt erst nach ausdrücklicher Genehmigung des zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamts fortsetzen.
Wenngleich auch Verstöße gegen die dem Schiffsführer nach einem Unfall obliegenden Pflichten mangels einschlägigem Straftatbestand keine unmittelbare strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen, so werden sie doch als Ordnungswidrigkeit mit gegebenfalls empfindlichen Bußgeldern geahndet.
Unberührt bleibt eine anderweitige Strafbarkeit des pflichtwidrigen Verhaltens, zum Beispiel unter dem Gesichtspunkt der unterlassenen Hilfeleistung.
Zudem kann sich ein unerlaubtes Entfernen vom Ort eines Schiffsunfalls strafschärfend auf gegebenenfalls im Zuge des Unfalls verwirklichte andere Straftatbestände auswirken. In Betracht kommen hier insbesondere Delikte wie fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung und gefährlicher Eingriff in den Schiffsverkehr.
Schließlich kann eine schwere Verletzung der den Unfallbeteiligten obliegenden Pflichten zu Zweifeln an der charakterlichen Eignung des Betroffenen zum Führen von Wasserfahrzeugen führen, so dass in selteneren Fällen auch der Entzug des Bootsführerscheins durch das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt im Raum steht.
Sollten Sie im Zuge eines Schiffsunfalls in einem Strafverfahren oder Bußgeldverfahren beschuldigt werden, empfiehlt sich vor eigenen Einlassungen in jedem Fall die Konsultation eines einschlägig erfahrenen Rechtsanwalts.
Autor | Axel Kujawa |
am | 19.09.2012 |