Neben anderen typischen Mängeln führt bei Kaufverträgen über gebrauchte Wasserfahrzeuge mit Rümpfen aus glasfaserverstärktem Kunststoff ( GFK ) besonders häufig ein nachträglich bekannt werdender Osmoseschaden zum Streit.
Bei Osmosebefall handelt es sich um einen natürlichen Prozess, von dem grundsätzlich alle GFK-Rümpfe betroffen sind. Zu Osmoseschäden kommt es vereinfacht gesagt, wenn in den Rumpf eindringender Wasserdampf in Lufteinschlüssen des Rumpfes kondensiert und dort Bestandteile des Laminats herauslöst. Wegen des in dem Einschluss nun höher konzentrierten Wassers dringt durch Osmose weiteres (niedriger konzentriertes) Wasser ein. Letztlich kommt es zu einer Delamination und der Bildung von Verformungen und gut sichtbaren Bläschen an der Außenhaut des Rumpfes. Aufgrund der stattfindenden chemischen Reaktionen bildet sich in den Einschlüssen Essigsäure, deren Geruch beim Aufstechen der Bläschen meist deutlich wahrnehmbar ist.
Gerade tiefere Osmoseschäden lassen sich aber nicht anhand der typischen Bläschenbildung erkennen, weil die Lufteinschlüsse tief im Laminat liegen und deshalb keine Blasen zum Vorschein kommen. Erkennbar sind diese Schäden nur durch eine Feuchtemessung, die allerdings Prüfbohrungen und damit eine mögliche Strukturschädigung erfordert.
Wird in einem Kaufvertrag über ein gebrauchtes Boot oder Schiff durch den Verkäufer " Osmosefreiheit " garantiert, wird darunter also nicht zu verstehen sein, dass überhaupt keine Beeinträchtigung des Rumpfes durch Osmose vorliegt, weil die vorbeschriebenen Prozesse immer mehr oder weniger stark stattfinden. Folgerichtig führte kürzlich auch das Oberlandesgericht Celle mit einem Urteil vom April 2011 - 7 U 230/09 - aus: "Da das Auftreten von Osmose bei einem gebrauchten Polyester-Schiff unvermeidbar ist, kann dies (ebenso wie natürlicher Verschleiß bei gebrauchten Gegenständen) noch nicht zu einem Sachmangel (...) führen."
Nach einem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom Mai 2011 - 11 U 135/10 - bezieht sich die Garantie von Osmosefreiheit aber auch nicht nur auf das bloße Fehlen äußerer Merkmale der Osmose ( Blasenbildung ) und einen normalen, altersgemäß osmosegeschädigten Zustand. Vielmehr sichert der Verkäufer nach Auffassung des Gerichts mit der Garantie der " Osmosefreiheit " zu, dass das Fahrzeug über den Normalzustand hinaus in besonderem Maße frei von schadhaftem Osmosebefall sei.
In dem vom OLG Schleswig zu entscheidenden Rechtsstreit ging es um eine Segelyacht mit GFK-Rumpf, Baujahr 1979/80, die im Jahr 2006 verkauft wurde. In dem schriftlichen Kaufvertrag garantierten die Verkäufer, die Yacht sei osmosefrei. Anlässlich der Verkaufsverhandlungen hatten sie mehrfach angegeben, das Schiff könne aufgrund vorgenommener Spezialbehandlungen nach vollständigem Abschleifen des Gelcoats niemals Osmoseschäden bekommen.
Nachdem die neuen Eigentümer zwei Jahre später Verformungen am Unterwasserschiff der Yacht wahrnahmen, klagten sie auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das Gericht gab ihnen - wie auch schon die Vorinstanz - Recht.
Verkäufern von Wasserfahrzeugen ist auch in diesem Zusammenhang dringend anzuraten, nur diejenigen Eigenschaften des Fahrzeugs zuzusichern, für die tatsächlich eingestanden werden soll und kann. Großzügige, ungeprüfte Garantien mögen verkaufsfördernd wirken, bergen aber immer auch ein erhebliches Risiko. Auf Käuferseite hingegen sollte immer auf möglichst weitgehende Beschaffenheitsgarantien hingewirkt werden. Bei der Gestaltung Ihrer individuellen Kaufverträge empfiehlt sich die Beratung durch einen auf dem Gebiet erfahrenen Rechtsanwalt.
Autor | Axel Kujawa |
am | 14.07.2011 |